Mittwoch, 24. Februar 2010

Frau Käßmann und die Schuld


Sünde und Schuld seien keine Kategorien mehr, klagte vor kurzem der Spiegel-Redakteur Matthias Matussek. Die Reaktionen auf die Trunkenheitsfahrt der EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann scheinen diese These zu bestätigen. Nachdem die "Bischöfin" mit 1,54 Promille am Steuer eine rote Ampel überfahren hatte, meinte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Beckstein, mit einem verkniffenen Seitenblick auf die katholischen Würdenträger, in der evangelischen Kirche sei ein Bischof kein Heiliger. Er bzw. sie wäre kein(e) "Säulenheilige(r)", unkte ein anderer evangelischer Funktionär, ganz anders als die katholischen Bischöfe, die ihre Heiligkeit wie eine Monstranz vor sich hertrügen. Frau Käßmann sei schlicht "menschlicher" und spreche den Menschen aus der Seele, wenn sie zum Beispiel den Afghanistaneinsatz kritisiert.

Spricht sie ihnen aus der christlichen Seele oder eher nach dem politischen Mund? Die Orthodoxie, die den Kontakt mit ihr abbrach, ist letzterer Meinung. Frau Käßmanns Positionen seien die einer politisch korrekt gewendeten EKD, die sich auf weite Strecken nicht mehr mit der Heiligen Schrift rechtfertigen lassen. Dafür wurde sie gewählt, auch für eine Moralauffassung, die Verfehlungen nicht als Problem sieht, als Sünde, sondern als "Fehler" entschuldigt, die halt eben zum Menschsein gehören. Daß dieser Fehler - wenn ich die Ampel bei Rot betrunken überfahre - einen Menschen das Leben kosten kann, daß die verschwommenen Moralvorstellungen - siehe die Stichtagsverschiebung, die die EKD mitgetragen hat - Menschen tatsächlich und tagtäglich das Leben kosten, steht nicht zur Debatte. Wer solches anmahnt, sieht sich als moralinsaurer Säulenheiliger an den Pranger gestellt.

Man kann durchaus auch mit zwei Maß Bier noch Auto fahren, wie Beckstein einst meinte. Aber sollte man es auch tun? Ein verantwortungsbewußter Christ, ob evangelisch oder katholisch, bedenkt die Folgen seiner Handlungen für sich und seine Umwelt. Wenn er dies konsequent tut, im Bewußtsein der Gnade Gottes, ist er auf dem Weg zur Heiligkeit, zu dem wir alle berufen sind. Wer es nicht tut, und sich das auch noch als Vorzug anrechnen läßt, lebt nicht das, was er/sie zu leben vorgibt. Für eine gewählte evangelische Funktionärin, die gerade das rechte Leben nach dem Evangelium für sich in Anspruch nimmt, ist das im Grunde eine Bankrotterklärung. Aber nicht erst die Orthodoxie hat erkannt, daß im deutschen Protestantismus, soweit er nicht evangelikal ist, schon lange Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderklaffen.

Dienstag, 23. Februar 2010

Der rote Staatsmann


Während seines Wahlkampfs um das Kanzleramt meinte Franz Josef Strauß einmal, es sei an der Zeit, daß Helmut Schmidt nur noch Klavier spiele. Heute gilt Schmidt seines Alters wegen, und auch weil die veröffentlichte Meinung Helmut Kohl gerne ausblendet, als der große elder statesman - eine Qualifizierung, über die Strauß wahrscheinlich lächeln würde.

In der Talksendung "Beckmann" meinte Schmidt lakonisch, den Unterschied zwischen Arm und Reich müsse man durch eine Erhöhung der Einkommenssteuer oder auch der Erbschaftssteuer überbrücken. Das ist die Art von Finanzpolitik, die schon Strauß auf die Palme brachte. In den 1970er Jahren war es noch möglich, wenn auch natürlich nicht legitim, der arbeitenden Bevölkerung eine stets wachsende Steuerlast aufzubürden, weil die Demographie noch stimmte. Aber Familienpolitik war noch nie das Steckenpferd der SPD. Die Familie als Hort der Reaktion, Klüngelei und Vermögensanhäufung befindet sich dank einer ideologisch verirrten Politik in einer Schrumpfungskur. Und mit ihr müßte auch die alte Umverteilungspolitik an ihr Ende kommen, die uns das heutige Schlamassel eingebrockt hat.

Aber weit gefehlt: die Melkkuh ist zwar deutlich kleiner geworden, die Einsicht in die Irrtümer von vorgestern aber nicht größer. Schmidt erklärt mit der Attitüde des altgedienten Staatsmannes, die Rente werde sicher das nächste und auch das übernächste Jahr noch sicher sein. So kurz sind die Fristen schon geworden, um den Schein zu wahren. Sein Politkollege Blüm redet heute ähnlich. Keine Entschuldigung für das "die-Rente-ist-sischer"-Gerede, keine Korrektur. Das wäre weise und eines Staatsmannes würdig.

Wie sagte sein weiser Zeitgenosse, der leider schon 1988 aus dieser Welt schied: Eher legt sich ein Dackel einen Wurstvorrat an als daß ein Sozialdemokrat mit Geld umgehen kann.

Freitag, 19. Februar 2010

Der furor anticatholicus teutonicus


Als der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger Papst wurde, überschlugen sich seine Landsleute vor Begeisterung. "Wir sind Papst", titelte die Zeitung mit den großen Buchstaben. Heute schreibt sie ganz anders, wie immer am Puls der Zeit und des Volkes, wie immer unüberbietbar knapp und polemisch. Von "Sexpriestern" ist die Rede wie sonst von der "Russen-Mafia", eine weitere genialische Wortschöpfung aus dem Hause Diekmann. Eben jener konnte noch vor kurzem seitenweise über den Niedergang Deutschlands, seiner Werte und seiner politischen Kultur philosophieren, um wenig später schon in das gleiche Horn zu stoßen wie das berühmt-berüchtigte Hamburger Nachrichtenmagazin.

Daß dieses mit Pauschalurteilen ebenso schnell zur Hand ist, vor allem wenn es um die katholische Kirche geht, ist hinlänglich bekannt. Auf dem Titelbild einer seiner jüngeren Ausgaben prangt denn auch ein Prälat im Talar. In der einen Hand hält er ein Gebetbuch, die andere schiebt sich unterhalb der Gürtellinie in das geistliche Gewand. "Die Andeutungshaftigkeit dieser Ikonographie ist überwältigender und emotionalisierender als jede sachliche Illustration der jetzt in Frage stehenden konkreten Fälle des Missbrauchs", schreibt die "Tagespost". Will heißen, durch eine derart plakative Darstellung verhänge ich den Generalverdacht über einen ganzen Berufsstand, obwohl solches sich in unserem Rechtsstaat eigentlich verbieten sollte.

Man stelle sich nur vor, das Magazin hätte statt des Prälaten einen schwerbewaffneten Taliban abgebildet und ebenfalls "die Scheinheiligen" darübergeschrieben, und statt des Untertitels "Die katholische Kirche und der Sex" - "Der Islam und die Friedfertigkeit". In Hamburg müßte man daraufhin wahrscheinlich die Schotten dichtmachen. In jeder Großorganisation gibt es Kriminelle, Betrüger, Verbrecher, auch und nicht zuletzt in jener Großorganisation, die sich Gesellschaft nennt. Und auch die Kirche ist Teil dieser Gesellschaft und kann sich deren Einflüssen nicht entziehen, will es auch oft gar nicht, wie die Entwicklung der letzten vierzig Jahre zeigt.

Eben darauf wollte der momentan vielgescholtene Bischof von Augsburg hinweisen. Darf eine Gesellschaft, in der tagtäglich schreckliche Verbrechen, gerade im Familienkreis passieren, mit dem Finger auf eine Organisation zeigen, in der das auch, aber in wesentlich geringerem Ausmaß passiert? Ohne die Kirche zu exkulpieren, versucht sich da nicht jemand zu exkulpieren, der selbst in sich gehen sollte?

Die immer dann aus der Versenkung hervorgeholte Frau Ranke-Heinemann, wenn die Hamburger mal wieder einen intellektuell-theologischen Tiefschlag brauchen, meinte ganz in diesem Sinne, der Augsburger Bischof reagiere nach dem Grundsatz "Hauptsache, jemand anders ist verantwortlich." Boulevard und Magazinjournalismus handeln dieser Tage eben nach dem Grundsatz, im Zweifel ist die Kirche schuld, mit ihren verstaubten Moralvorstellungen, mit ihrem theologischen Hokuspokus ist sie der Nährboden allen Übels.

Der Papst hat die irischen Bischöfe nach Rom zitiert, Bischöfe wurden zum Rücktritt gezwungen, eine unabhängige Fachfrau wurde mit der Aufklärung der Mißbrauchsfälle beauftragt und nicht zuletzt hat der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs für Aufklärung gesorgt. Es fragt sich, wer hier wirklich zur Selbstkritik und zum "Ausmisten des eigenen Stalls" unfähig ist.

Donnerstag, 18. Februar 2010

Die Republik und ihr adeliges Oberhaupt


Es fängt an mit der kleinlich-spießigen Weglassung des Adelsprädikats und es endet mit einer flagranten Menschrechtsverletzung: sowohl der älteste Sohn des letzten Kaisers, Otto, wie auch einer seiner zahlreichen Verwandten, Ulrich, müssen es sich gefallen lassen, von einer kleinkarierten Kaste österreichischer Politiker als "Otto Habsburg" und "Ulrich Habsburg-Lothringen" tituliert zu werden. Das wäre noch zu verschmerzen.

Ein ausgewachsener Skandal ist es jedoch, daß eine Republik, die bei jeder Gelegenheit von Toleranz und Gleichheit vor dem Gesetz schwadroniert, eine Familie kollektiv diskriminiert, weil sie einmal auf dem Thron gesessen hat. Die Familie Habsburg darf per Gesetz, gemäß den schandbaren sogenannten "Habsburgergesetzen", für kein politisches Amt kandidieren. Mitglieder der Familie durften auch erst nach Österreich einreisen, und selbst das nur unter größten Schwierigkeiten, nachdem sie offiziell auf ihre Thronrechte verzichtet hatten. Zugleich kennt die Republik Österreich bekanntlich keinerlei Scham, von jenen Relikten alter Größe zu profitieren, die es ohne die Habsburger niemals gäbe. Klinisch nennt man so etwas Schizophrenie, politisch Opportunismus.

Für die Gattin des letzten Kaisers, Zita aus dem Hause Bourbon-Parma, mußte sich der spätere spanische König Juan Carlos einsetzen, damit jene 1971 zur Beisetzung ihrer Tochter Adelhaid nach Tirol einreisen durfte. Otto von Habsburg, ausgewiesener Europäer und langjähriges Mitglied des Europa-Parlaments, wurde noch 1960 an der Einreise in jenes Land gehindert, das seine Familie groß gemacht hatte.

Was steht hinter dieser Diskriminierung, die sich heute darin manifestiert, daß ein Ulrich von Habsburg-Lothringen, grüner Kommunalpolitiker aus Kärnten, daran gehindert wird, für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten zu kandidieren, nur weil er einen Namen trägt, den Politiker wie Faymann oder Fischer offenbar mehr scheuen als der Teufel das Weihwasser? Wohl sicher auch die Angst, daß die farblosen, prinzipienlosen Politfunktionäre neben einem Habsburger reichlich blaß aussehen könnten; daß die alte schwarz-weiß-Propaganda von den ach-so-volksfernen Aristokraten, die stets nur das Volk ausgebeutet hätten, angesichts von verschleuderten Steuermilliarden nicht mehr verfangen könnte.

Ähnlicher Verdacht könnte auch den bayerischen Stimmbürger beschleichen, wenn er das Trauerspiel um die Kaltenberger Brauerei des Prinzen Luitpold von Bayern verfolgt. Die Stadt München und mit ihr der Freistaat begehen dieses Jahr im großen Stil das 200. Jubiläum eines Festes, das es wohlgemerkt ohne die Hochzeit des Wittelsbacher Kronprinzen Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen vor 200 Jahren nicht gäbe. Dennoch kennt die Stadt keinerlei Scham, unter fadenscheinigsten Vorwänden den Nachfahren dieses Kronprinzen nach wie vor von der Festwiese fernzuhalten.


Über den Fall des Ulrich von Habsburg-Lothringen wird demnächst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entscheiden. Über die Politik der Stadt München, das Oktoberfest zu einem Bier-Ballermann ohne jede Tradition verkommen zu lassen, stimmen die Bayern bereits mit den Füßen ab. Warum sollte man/frau auch das sündteure Industriebier internationaler Brauerei-Konzerne saufen (Augustiner ausgenommen!) -, die nur noch nominell ihren Sitz in München haben, und daraus ein sehr dünnes Recht auf ein Zelt auf der Theresienwiese ableiten - und das unter geisttötender Dauerbeschallung, die so wenig mit bayerischer Musik zu tun hat wie Politik mit...aber diesen Vergleich überlassen wir jedem selbst.

Freitag, 12. Februar 2010

Das ewige deutsche Sorgenkind Schule


Mit Ausnahme des Steuersystems wird in Deutschland seit den 1970er Jahren über nichts so leidenschaftlich und fruchtlos diskutiert wie über die Schule. Warum brauchen die Schüler heute zu Tausenden Nachhilfeunterricht, fragte heute eine Sendung des Bayerischen Rundfunks. Die Antwort war für die meisten Mitdiskutanten wie für den anwesenden Experten klar: die Schüler seien überlastet, es fehle an "individueller Förderung", die Lehrer seien schlecht ausgebildet, sie würden sich modernen Lerntechniken verweigern, und vor allem sei "der Staat" nicht bereit, das nötige Geld "in die Hand zu nehmen", um endlich, endlich die Dinge zum Besseren zu wenden.

Der Stand der Diskussion hat sich augenscheinlich seit den 70ern nicht verändert. Es ist nur eines verwunderlich: seit vierzig Jahren wird ohne Unterlaß reformiert, diskutiert, Professoren haben sich goldene Nasen mit immer neuen pädagogischen Konzepten verdient, doch das vielgescholtene "System" ist immer noch nicht in jenem anvisierten Idealzustand.

Woran liegt es also? Liegt es nicht vielmehr an einem Webfehler, den die ewigen Reformatoren nicht einsehen wollen - daß es intellektuelle Unterschiede zwischen den Schülern gibt, die man auch durch die beste Pädagogik nicht beseitigen kann. Daß es schlicht ein zielloses Unterfangen ist, jede und jeden zum Abitur zu bringen. Die Konsequenzen dieses Webfehlers sind jedem sichtbar, nur denen nicht, die weiter in ihrem pädagogischen Wolkenkuckucksheim leben wollen: daß ein Hauptschüler fast keine Chance mehr hat, eine Lehrstelle zu bekommen; daß an Universitäten abgestufte Bachelor-Abschlüsse eingeführt werden müssen, weil viele Abiturienten nicht mehr wirklich reif für die Universität sind, usw. usf.

Das Grundproblem ist also nicht unter all den seit Jahrzehnten mantrahaft wiederholten Problemen zu suchen. Ein Schüler, der in den 1950er Jahren in die Schule ging, hatte klare Hürden zu überwinden, um in eine höhere Schule zu kommen. Überwand er sie nicht, weil seine Talente zum Beispiel eher im Praktischen lagen, fand er auch seinen Platz in der Gesellschaft. Die Lösung unseres "Schulproblems" scheitert schlicht am Gleichheitswahn, der einen Professor für eine höhere Lebensform als einen Metzger hält, obwohl beide für den Bestand einer Gesellschaft wichtig sind. Und sie scheitert nicht zuletzt daran, daß Fleiß und Gehorsam zu Sekundärtugenden herabgewürdigt wurden, ohne die aber Erfolg nicht möglich ist.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Abschied von I.K.H. Regina von Habsburg


Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. drückte anläßlich des Ablebens von Erzherzogin Regina in einem Telegramm Dr. Otto von Habsburg sein Beileid aus:

Beileidstelegramm von Papst Benedikt XVI. zum Tode von Erzherzogin Regina:

Mit tiefer Anteilnahme habe ich davon Kenntnis erhalten, dass Gott, der Herr über Leben und Tod, Ihre verehrte Gemahlin Erzherzogin Regina, geborene Prinzessin von Sachsen-Meiningen, zu sich gerufen hat. Angesichts dieses schmerzlichen Verlusts versichere ich Sie meiner Nähe im Gebet.

Wir wissen die liebe Verstorbene, die sich in ihrem irdischen Leben stets für das Wohl ihrer Familie wie für die Anliegen der Menschen und der Kirche eingesetzt hat und vielen Bedürftigen eine einfühlsame Helferin war, in der nie endenden Liebe des himmlischen Vaters geborgen. Möge der Herr ihr vielfältiges Wirken reichlich lohnen. Allen, die für das ewige Heil von Erzherzogin Regina beten und opfern, erteile ich von Herzen den apostolischen Segen.

Papst Benedikt XVI.

Montag, 8. Februar 2010

Spott tötet


Schlimmer als die schlimmste Retourkutsche - das weiß jeder aus schmerzlicher Erfahrung - ist der Spott, das verräterische Grinsen, das die Worte begleitet, und jedem laut und unübersehbar verkündet, der andere sei nicht ganz ernst zu nehmen. Auch Talkmaster, die für sich die Seriosität des Sonntagabendtermins in Anspruch nehmen, sind dagegen nicht gefeit.

Ob sie denn Steuersünder laufen lassen würden, da sie gegen die Unmoral des Datenklaus sind, fragte bewußte Dame und das spöttische Lächeln wich nicht mehr von ihren Lippen. Die Antwort ist in diesem Moment schon irrelevant, der Antwortende schon als Anwalt der Reichen und Steuerbetrüger entlarvt. Und um auch dem letzten vor Augen zu führen, mit welcher Klientel sich der Anwalt des Bankgeheimnisses und der Steuerflüchtigen abgibt, wird einer jener unseligen, mittlerweile allgegenwärtigen Filmchen eingespielt, die Argument durch Suggestion ersetzen. Pelzbehangene, Diamantberingte Damen höheren Alters, dicke Nobelkarossen fahrende Senioren und ähnliche Vertreter der "Plutokratie" dürfen sich über hohe Steuersätze mockieren. Suggestivfragen provozieren den gewünschten entlarvenden Eindruck. Seht her, wir haben es mit einer Klasse von Schmarotzern und Dieben von "Volksvermögen" zu tun, zu deren Überführung der Diebstahl durchaus legitim ist.

Dieses klassenkämpferische, moralfreie Denken einer um Einschaltquoten buhlenden Medienochlokratie, nach dem Grundsatz, der Zweck heilige die Mittel, zerstört den Rechtsstaat. Er macht den Staat, wie schon der Heilige Augustinus wußte, zu einer Bande von Räubern: "Remota itaque iustitia quid sunt regna nisi magna latrocinia?" Das Wasser muß einem Staat höher als nur bis zum Hals stehen, damit er Vertrauen und Freiheit aufs Spiel setzt. Und das um einiger Millionen willen, die im Vergleich mit den Milliarden, die ein ineffizientes Steuersystem und eine den Mittelstand erdrosselnde Wirtschaftspolitik provozieren, wahrhaft Peanuts sind.

Die Herren Henkel, Sprenger und von Bechtolsheim machten klar, daß es in der Datenklau-Affäre nicht um eine dünne Schicht von Superreichen geht - die haben ihr Geld längst in sichereren Häfen als der Schweiz -, sondern um die produktive und arbeitgebende Klasse insgesamt, vom Handwerker bis zum Unternehmenschef, die den Hauptteil unseres "Volksvermögens" erwirtschaftet, und nun kollektiv als "Volksschädlinge" an den Pranger gestellt werden. Daß von der Union nur ein alternder, langsam endgültig links verwirrter Berufsnachdenklicher wie Heiner Geissler aufgeboten wird, stimmt nachdenklich, ganz zu schweigen von der spöttischen Hatz, zu der sich eine angeblich seriöse Sonntagabend-Talkshow hergibt.

Freitag, 5. Februar 2010

Die Rückkehr von Tradition und Form


Vor nicht allzu langer Zeit erregte das Buch eines renommierten deutschen Schriftstellers und begnadeten Stilisten Aufsehen - "Die Häresie der Formlosigkeit" von Martin Mosebach. Seine These lautet kurz und vereinfacht, daß zwischen dem Niedergang der Liturgie und dem Niedergang des Glaubens ein nicht zu leugnender Zusammenhang bestehe. Die Formen sind nicht eitler Schnickschnack, sondern Ausdruck einer inneren Haltung. Wer vor dem Allerheiligsten nicht mehr in die Knie geht, wer den Kelch mit dem Blut Christi auswischt als sei er ein Küchenutensil legt zumindest den Verdacht nahe, daß ihm auch der Glaube an die Realpräsenz abhanden gekommen ist - "Häresie der Formlosigkeit".

Die Proteste konnten nicht ausbleiben, weil die Zielrichtung klar war. Die Gralshüter der Reform waren verstimmt, auch weil das doch eigentlich esoterische Werk des Frankfurter Autors eine Auflage nach der anderen erlebte. Der regierende Papst hat wiederholt klargemacht, daß er mit der Freigabe der alten Messe die alte, wohlbegründete Regel wieder ins Gedächtnis bringen will: Lex orandi, lex credendi - das Gesetz des Betens ist das Gesetz des Glaubens. Die Liturgie ist gelebter Ausdruck des Glaubens. Daran solle sich auch die neue Messe messen lassen, und beide Formen, alt wie neu, aneinander wachsen und voneinander lernen.

Diese Absicht des Heiligen Vaters zeigt sich auch in seiner Besetzungspolitik. Man munkelt, daß nächster Präfekt der Bischofskongregation der Erzbischof von Sydney, George Kardinal Pell, werden könnte. Pell unterstützt die Absichten des Papstes - auch in Bezug auf die alte Liturgie, für deren Wiedergewinnung nach den Vorgaben von "Summorum Pontificum" er sich einsetzt. Er hat selbst schon mehrfach Pontifikalämter im alten Ritus zelebriert. Auch Bischof Fernando Guimarães von Garanhuns in Brasilien, neues Mitglied der "Signatura", des kirchlichen Verfassungsgerichtshofs, hat mehrfach ein gutes Wort für die überlieferte Liturgie eingelegt. Und nicht zuletzt ist Erzbischof Raymond Burke, ein erklärter Anhänger der alten Messe, Präfekt der Signatura. Das Gewicht, das die liturgische Tradition unter Papst Benedikt XVI. personell in der Kurie erhält, ist unübersehbar.


Clemens August Kardinal von Galen bei einer Ansprache in Münster (1946)

Dazu eine kleine, aber was die Form betrifft, nicht unwichtige Fußnote: Erzbischof Burke hat vor kurzem in einem italienischen Ort namens Artallo ein Pontifikalamt gehalten und dabei ein klerikales Kleidungsstück getragen, das man heute höchst selten bis gar nicht mehr zu Gesicht bekommt und das früher selbstverständlich zur "Garderobe" der Prälaten gehörte - die sogenannte "Cappa Magna". Sie ist nicht unerläßlich, eigentlich überflüssig - wie das Schöne an sich, das Ausdruck des Respekts und der inneren Freude ist, wenn wir zum Altare Gottes treten: "Introibo ad altare Dei qui laetificat iuventutem meam."


Erzbischof Raymond Burke in Artallo

Donnerstag, 4. Februar 2010

Eine Hauptsünde feiert unfröhliche Urstände


Die Kirche bezeichnet zu Recht Charakterschwächen wie Geiz, Hochmut, Zorn oder eben auch Neid als Ursachen der Todsünde. Der Neid macht blind zur Unterscheidung, er unterstellt dem anderen, daß er sich Besitz grundsätzlich unrechtmäßig angeeignet hat. Für die Politik in ihrer linken bis linksextremen Spielart ist diese Unterstellung ein Glaubenssatz. Sie mag das jüngste Gericht, die Hölle, ja auch den Himmel abgeschafft haben, aber daß Vermögen den Ruch des Illegalen, des Angemaßten haben, daran glaubt sie mit inquisitorischer Verve, und ist dafür auch bereit, die Freiheit zu opfern - wie die unselige Vergangenheit des kommunistischen Gesellschaftsexperiments beweist.

Als man vor Jahresfrist den ehemaligen Telecom-Chef Zumwinkel vor laufenden Kameras abführte, manifestierte sich dieser Generalverdacht, um das Mütchen der "einfachen Steuerzahler" zu kühlen. Diese übersahen dabei, daß sie selbst vorgeführt wurden, daß ein Staat, der jemand wie einen Schuldigen abführen läßt, dessen Schuld noch nicht erwiesen ist, damit nur abschrecken will. Er weiß, wieviele "einfache Steuerzahler" ihre Steuererklärungen frisieren, wieviele ihr Bad schwarz kacheln lassen. Der Staat macht mit solchen "Schauprozessen" unmißverständlich klar, daß jeder prinzipiell verdächtig ist, daß jedem Einkommen mehr oder weniger der Geruch des Unrechtmäßigen anhaftet. Dieses "linke" Prinzip hat sich eine "konservativ-liberale" Regierung zu eigen gemacht, die eigentlich "in dubio pro libertate" entscheiden sollte.

Sie hat sich für das Mißtrauen, für die Kontrolle entschieden, und ist dazu auch bereit, elementare Rechtsgrundsätze zu brechen. Die Schweiz, ein im Grundsatz calvinistisch-protestantisches Gemeinwesen, setzt dagegen auf das Prinzip Vertrauen. Nichts anderes besagt das Bankgeheimnis. Man kann es freilich auch so auslegen, daß wer nichts zu verbergen hat, auch kein Bankgeheimnis brauche. Aber hier beginnt der Abbau der Freiheit. Die Überwachung der Computerdaten ist analog gerechtfertigt worden. Aber ein freier Bürger ist jemand, der selbst über seine Daten wie auch sein Vermögen bestimmen darf. Er muß dem Staat nur soweit Eingriff erlauben als dieser im höheren Sinne gerechtfertigt ist.

Wenn aber ein Staat seinen leistungsfähigen Bürgern unverhältnismäßge Steuerquoten abverlangt oder seine Daten zu anderen als den bestimmten Zwecken benutzt, ist diese Grenze eindeutig überschritten. Hier beginnt das Ende der bürgerlichen Freiheit, die Grundlage unserer Marktwirtschaft und unserer demokratischen Grundordnung ist. Diese Grenze hat die Merkel-CDU mit ihrer moralisch höchst fragwürdigen Entscheidung überschritten. Das "gesunde Volksempfinden" dafür als Freibrief zu benutzen, läßt Schlimmes ahnen.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Regina von Habsburg gestorben


Regina von Habsburg, Ehefrau von Dr. Otto von Habsburg, ist heute morgen um 8 Uhr 40 in ihrem Haus in Pöcking verstorben. Dies gab der älteste Sohn, Karl von Habsburg, im Namen seines Vaters und seiner Geschwister bekannt. Regina von Habsburg (geb. als Prinzessin von Sachsen-Meiningen am 6.Januar 1925 in Würzburg) litt bereits seit längerer Zeit an Herzbeschwerden. Heute starb sie im Kreise ihrer Familie, versehen mit den Sterbesakramenten der katholischen Kirche.

Regina und ihre jüngste Tochter Walburga sagten einmal über ihren Mann und Vater, Otto von Habsburg, daß er vor allem zwei Hauptmaximen in der Erziehung zu verwirklichen suchte: Er lebte den Kindern den katholischen Glauben vor und war immer bereit, mit ihnen über theologische und religiöse Fragen zu diskutieren, die er dann altersgerecht beantwortete, und er schaffte es, zwischen allen Kindern Verbindungen zu knüpfen, die über rein geschwisterliche Beziehungen hinausgehen.

Das galt ganz sicher auch für Regina von Sachsen-Meiningen, die 1951 den ältesten Sohn des letzten Kaisers von Österreich-Ungarn heiratete. Ihr ältester Sohn Karl sagte heute morgen, seine Mutter Regina wäre eine großartige Persönlichkeit gewesen, "die uns durch ihren unerschütterlichen Glauben und ihre positive Lebenseinstellung geprägt hat."


Regina von Habsburg wurde am 6. Januar 1925 als drittes Kind von Herzog Georg zu Sachsen-Meiningen und seiner Frau Klara geb. Gräfin Schmising-Kerssenbrock gen. Korff geboren. Sie wuchs weitgehend auf dem Sitz der Familie der Heldburg in Südthüringen auf und absolvierte später in Bamberg ein Studium der Sozialfürsorge.
Im August 1945 wurde ihr Vater, der als Richter am Gericht im naheliegenden Meiningen tätig war, von den Sowjets verschleppt, er starb wenige Monate später im Januar 1946 völlig entkräftet im Lager Tscherepowetz in Russland. Reginas Mutter musste selbst im Herbst 1945 die Heldburg fluchtartig in Richtung Bamberg verlassen. Ein Bruder Reginas, Prinz Anton Ulrich war bereits in den ersten Tagen des Westfeldzugs gefallen, der andrere Bruder Prinz Friedrich entschied sich, ins Kloster zu gehen, zunächst in die Benediktinerabtei Niederaltaich, später wurde er Karthäusermönch in der grossen Karthause in Frankreich, später in Vermont/USA. Herzogin Klara und Tochter Regina zogen nun nach Seeheim am Starnberger See.

In einem ungarischen Flüchtlingsheim in München, in dem sie als Sozialfürsorgerin arbeitete, lernte Regina im Herbst 1949 Otto von Habsburg kennen, der dort seine ungarischen Landsleute besuchte. Ein Jahr später erfolgte die Verlobung. Otto von Habsburg war zu jenem Zeitpunkt noch die Einreise nach Österreich verwehrt und so entschied sich das Paar, in Nancy, der alten lothringischen Metropole zu heiraten. Am 10. Mai 1951 wurde die Hochzeit glanzvoll in der Eglise des Cordeliers gefeiert. Mit ihrer Eheschließung wurde Regina zur Habsburgerin und damit galt auch für sie das Einreiseverbot durch die Habsburgergesetze.

Kurze Zeit lebten Otto und Regina in Frankreich und bezogen im Jahr 1954 ein Haus am Starnberger See, um ihren Kindern das Aufwachsen im deutschen Sprachraum und in der Nähe zu Österreich zu ermöglichen. Tochter Andrea war bereits geboren (1953), es folgten sechs weiter Kinder: Monika und Michaela (1954), Gabriela (1956), Walburga (1958), Karl (1961) und Georg (1964). Mittlerweile hat das Paar 22 Enkelkinder und eine Urenkelin.

Otto von Habsburg betonte oft, wie viel er seiner Frau zu verdanken habe. Sie habe sich in bewundernswerter Weise der Familie gewidmet und ihm damit viele seiner Tätigkeiten erst ermöglicht. Regina von Habsburg war in zahlreichen karitativen Einrichtungen aktiv. Dem Sternkreuzorden stand sie als oberste Schutzfrau vor, seit 1994 hatte sie die Schirmherrschaft über die Münchner Tafel e.V. inne. Darüber hinaus war sie vielen Menschen in Pöcking und Umgebung bekannt, da sie bis ins hohe Alter regelmäßig Alte und Kranke in Heimen und Krankenhäusern besuchte.

Nach der Wende galt ihr besonderes Augenmerk erneut dem Ort ihrer Kindheit, der Heldburg. Ein besonderes Anliegen war ihr, die Gruft der Heldburg ihrer eigentlichen Bestimmung wieder zuzuführen. Im Jahr 2005 konnten die sterblichen Überreste ihrer Mutter Herzogin Klara und ihres Bruders Prinz Anton Ulrich in der Gruft beigesetzt werden.

Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder trauern um eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die durch ihre große Religiosität und ihre tätige Nächstenliebe tief beeindruckt hat sowie ein großes Vorbild war.