Dienstag, 1. Juni 2010

Katholiken für Israel


Der altgediente Großmeister des weltpolitischen Journalismus, Peter Scholl-Latour, vermerkte in seinem Frankreich-Buch einen Gedanken, der ihm im Gespräch mit französischen Adeligen und Résistance-Veteranen nach dem Ende des Weltkrieges kam, und der leider nach wie vor aktuell klingt. Der Haß auf das jüdische Volk speise sich, so Scholl-Latour, aus dem alten Haß auf das Volk, aus dem die Muttergottes hervorging und das uns den Erlöser schenkte. Die Kräfte des Antichristen müßten dieses Volk hassen und verfolgen, weil mit ihm die Kirche, das Christentum, die Erlösung in die Welt kam.

Henryk Broder, ein anderer großer Hellsichtiger unserer Tage, meinte mit Blick auf das nach wie vor angespannte Verhältnis der Deutschen zu Israel, Broder-typisch zugespitzt, sie könnten einfach den Juden den Holocaust nicht verzeihen.

Es gibt eine Art, mit den Problemen Israels bzw. mit dem "Problem Israel" umzugehen, die sich rational nicht erklären läßt, die auf tieferliegende Affekte deutet. Andernfalls würde nicht nach jedem Vorfall sofort, ja reflexartig auf Israel als dem Schuldigen gezeigt werden. Die Meldung über die Aktion des israelischen Militärs gegen die "Hilfslieferungen" waren kaum über den Äther, schon waren Politiker rund um den Globus bestürzt, schockiert, es wurde verurteilt und von einem grundlosen Angriff orakelt, wie es der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, tat. Daß die arabischen Staaten, die Türkei und natürlich die Palästinenser die Erregungskurve nach oben trieben, liegt im politischen Kalkül. Von großtürkischen Politikern und radikalislamistischen Hamas-Funktionären kann man kein Verständnis dafür erwarten, daß Israel jede Versorgung mit Lebensmitteln und eben auch Waffen mit allen Mitteln unterbinden wird, solange die Attacken auf israelisches Staatsgebiet anhalten. So hart die Lage im Gaza-Streifen sein mag, es gibt keine Indizien, daß Israel dessen Bewohner verhungern lassen wollte. Es ging einzig und allein darum, Israel in den Rücken zu fallen.

Und daran sind ausgerechnet Politiker der deutschen Linken beteiligt, die keine Skrupel kennen, die zweite deutsche Diktatur bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu relativieren, sich mit stolzgeschwellter Brust zu ihrem kleinbürgerlichen Atheismus zu bekennen und jeden, der nicht ihre Meinung teilt, als Faschisten zu verunglimpfen. In Israel sei ja auch ein "klerikal-faschistisches Regime" an der Regierung. Die Zitate von Broder und Scholl-Latour kommen einem da unwillkürlich in den Sinn.

Das sind die Leute, die angeblich nur eine humanitäre Aktion zugunsten der geknechteten Palästinenser organisieren wollten. Die geknechteten Palästinenser sind diesen Leuten vollkommen gleichgültig. Sie sind nur Mittel zum Zweck. Israel steht für sie für alles das, was ihnen in der Seele zuwider ist: die jüdisch-christlich verfasste westliche, freiheitliche Zivilisation, die obendrein die imperialistischen Vereinigten Staaten unterstützen. Daß das Modell Israel, so kritikwürdig es im einzelnen auch sein mag, immer noch tausendmal besser ist als die Alternativen der Nachbarstaaten Israels, kommt ihnen in ihrer Verblendung nicht in den Sinn.

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